Nachgefragt: Tagebuch-Slam

Nachgefragt: Tagebuch-Slam

„Liebes Tagebuch, ich bin schon ganz aufgeregt. Am Freitag, 22. Jänner mache ich beim TAGEBUCH-SLAM mit. Dieser findet zum zweiten Mal im kleinen theater statt. Beginn 20:00 Uhr …“ 
Die Texte müssen selbstverfasst sein und aus dem Original-Tagebuch vorgetragen werden (mindestens 2 Texte, weil Vor- und Finalrunde) und sollen nicht länger als 3-5 Minuten dauern. Wir haben mit Diana Köhle, der Organisatorin des Bewerbs, gesprochen …

kleines theater: Wie kommt man auf die Idee einen Tagebuch-Slam zu organisieren?

Diana Köhle: Ich veranstalte und moderiere schon seit 11 Jahren Poetry Slams. Selbst slamme ich aber nicht und werde daher häufig gefragt, ob ich nicht schreibe? Meine Antwort war dann immer: „Nein, aber ich habe Tagebuch geschrieben.“ Irgendwann war es dann naheliegend, einen Tagebuch Slam zu organisieren. Eine Freundin hat mich in diesem Vorhaben unterstützt, gesagt getan und ich hätte nie damit gerechnet, dass es so ein Erfolg ist. Mein Leben ist nicht fad, aber die Tagebuch Slams sind die lustigsten Abende in meinem bisherigen Leben.

kleines theater: Warum schreibst du selber Tagebuch?
Diana Köhle: Das Leben war hart in den Bergen und ich habe sehr viel Tagebuch geschrieben.
Mein erster Tagebucheintrag war mit 9 Jahren. Von 14-18 Jahren habe ich immer jeden Tag in den Sommerferien geschrieben. Dazwischen ein Tagebuch geführt, für Jungssachen.
Auch mein erstes Jahr an der Uni und als Au-pair bzw. auf Reisen habe ich immer wieder Tagebuch geschrieben. Mit meiner Übersiedlung nach Wien habe ich es komplett aufgehört, da war dann kulturell einfach zu viel los und ich hatte keine Zeit mehr dafür. Seit einem Jahre schreibe ich wieder täglich, muss ja weiterhin für Lesestoff sorgen.
Früher habe ich Tagebuch geschrieben, wenn ich einen Typen kennengelernt habe und heim gekommen bin. Nun gehe ich heim und google den Typ. Das Tagebuch hat immer ein „offenes Ohr“ für einen und es ist spannend, die Zeitreise Jahre später anzutreten, wenn man in seinen alten Tagebüchern liest. Man erkennt sich in manchen Passagen wieder, bei anderen Einträgen merkt man, dass man sich sehr verändert hat und manchmal kann man es nicht fassen, dass Jahre später immer noch die gleichen Probleme aktuell sind.
Mittlerweile sehe ich das Tagebuch Schreiben als ein schönes Zeitdokument an und es macht Spaß, am Abend vor dem Einschlafen noch ein paar Sätze loszuwerden. Das Tagebuch ist mein ständiger Begleiter.

kleines theater: In Wien hast du gestartet. Wie laufen die Slams jetzt österreichweit? Wie sind die Reaktionen des Publikums auf den Bewerb?
Diana Köhle: In Wien startet nun im September bereits die dritte Saison im TAG (Theater an der Gumpendorfer Straße). Im August war ich in der Poolbar in Feldkirch und auch dort ist mein Motto: „Tagebuch Slam statt Tatort schauen“ aufgegangen. Ich war echt nervös, ob es auch am „Land“ klappt, wo jeder jeden kennt und wahrscheinlich auch Leute wiedererkennt, von denen vorgelesen wurde. Aber es ist hat funktioniert, wir waren ausverkauft, d.h. 150 Leute und es war ein sehr feiner Abend, super Stimmung, tolle KandidatInnen und ich bin für nächstes Jahr wieder engagiert. Im Oktober geht es dann nach Innsbruck und zu euch nach Salzburg und ich freu mich schon sehr darauf.
Die Reaktionen vom Publikum sind immer sehr positiv, hier ein paar Beispiele: Ich hätte mir nie gedacht, dass das so lustig ist. Danke für die Zeitreise. Es ist schön zu sehen, dass es uns doch allen gleich ging.
Einen Tag nach dem Poolbar Tagebuch Slam hat jemand aus dem Publikum in der Poolbar angerufen und sich für den wunderbaren Abend bedankt …
Viele gehen danach heim und suchen ihre eigenen Tagebücher raus und schmökern wieder mal darin. Manche melden sich danach und machen beim nächsten Mal mit. Schön, wenn der Tagebuch Slam dazu führt, dass man seine alten Tagebücher mal wieder zur Hand nimmt, natürlich noch schöner, wenn man sich dann bei mir meldet und bei einem Tagebuch Slam mitmacht ;-))

kleines theater: Gibt es einen Moment, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Diana Köhle: Schwierige Frage, es gab so viele schöne Momente. Ein Highlight war natürlich, dass 5 Folgen für den ORF gedreht wurden und letztes Jahr in der DIE.NACHT ausgestrahlt wurden. Ich nach „Willkommen Österreich“ am Bildschirm, wäre hätte das gedacht.
Jeder Abend für sich ist was Besonderes und es ist schön, dass von jung bis alt, alle eine Gemeinsamkeit haben, das Tagebuch schreiben. Meine jüngste Teilnehmerin war 15 Jahre, mein ältester 90 Jahre. Seine Tagebucheinträge aus dem Krieg haben zu Gänsehautmomenten geführt und es war wunderbar ihm zu lauschen. Ich war auch bei seiner Geburstagsfeier, solche Begegnungen sind schön und zeigen mir, dass ich das Richtige mache.

Anmelden für den Slam kann man sich unter: diana@liebestagebuch.at 

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