Nachgefragt: Maria Hofstätter
Am Freitag, den 8. November und Samstag, den 9. November sind die Schauspielerinnen Maria Hofstätter und Martina Spitzer im kleinen theater mit dem Theaterstück „Anna und Martha. Der dritte Sektor“ von Dea Loher zu Gast. Wir haben nachgefragt.
kleines theater: Können Sie uns kurz beschreiben, warum Sie und Ihre Kollegin Martina Spitzer mit diesem Stück auf Tournee gegangen sind?
Maria Hofstätter Auf Tournee zu gehen bedeutet eine Produktion an verschieden Orten, in verschieden Räumen sehr unterschiedlichem Publikum zu zeigen. Das erfordert eine gewisse Flexibilität von uns, die manchmal sehr fordernd ist, aber auch sehr konstruktiv sein kann.Genau diese Unwägbarkeiten machen den Reiz aus. Nicht jede Produktion eignet sich allerdings für eine Tournee! Bühnenbild und Technik müssen transportabel und dem Veranstaltungsort anpassbar eingesetzt werden können. Und man muß das Stück und die Teamkollegen mögen, sonst hat man wenig Lust sich diese Art Strapazen anzutun. „Anna und Martha“ entspricht diesen Kriterien.
kleines theater: Was ist das Besondere an „Anna und Martha. Der dritte Sektor?“
Maria Hofstätter Das Stück ist eine sehr intelligent geschriebene Abhandlung über zwei alte Menschen, die (zurecht?) frustriert sind von ihrem Leben, nicht mehr die Kraft haben, sich zu befreien aus ihren Lebenslügen und anstatt einander zu helfen, sich als Feinde brauchen. Wirkliche Komik entsteht nur vor dem Hintergund einer ernsthaften Tragik.
Und so lotet Dea Loher alle Facetten dieser Figuren bis ins Detail aus: Tragik, Komik, Zorn, Haß, Zuneigung, Liebe und alles dazwischen. Eine Herausforderung für uns Schauspielerinnen, aber eine spannende, lohnende!
kleines theater: Sie beide sind auch aus der österreichischen Filmszene bekannt und haben unter anderem mit Ulrich Seidl bereits bei einigen Verfilmungen (darunter Hundstage, Import Export, Paradies Triologie) mitgewirkt. Können Sie uns verraten, ob mehr Spannung im Theaterspiel besteht oder bei der Entstehung eines Filmes?
Maria Hofstätter Es macht wenig Sinn es auf „mehr“ oder „weniger“ Spannung zu reduzieren. Es handelt sich um eine „andere“ Spannung! Beim Theater liegt der Reiz und Adrenalinausstoß im Unmittelbaren, im Hier und Jetzt. Keine Aufführung ist wie die andere. Sie ist nicht wiederholbar! Aber dafür bekommt man die Chance, bei einer nächsten Aufführung wieder alles neu zu versuchen. Alles bleibt bis zum letzten Mal verbesserbar, veränderbar. Anders beim Film: Man hat zwar direkt beim Dreh die Möglichkeit der Wiederholung, aber am Ende ist das Produkt „eingefroren“, nicht mehr verbesserbar. Und es fehlt diese Art direkte Interaktion mit dem Publikum. Die Spannung entsteht also durch das Wissen, genau an diesem Drehtag das beste Ergebnis liefern zu müssen.
kleines theater: Sie leiten auch die Tourneeorganisation beim „Projekttheater Vorarlberg“. Wo sehen Sie die Herausforderungen bei der Gestaltung und Planung von Tourneen?
Maria Hofstätter Es gibt tatsächlich ein paar schwierige Herausforderungen bei der Planung einer Tournee in der freien Szene.
Da wäre als erstes das leidige Terminproblem. Veranstalter wollen in der Regel möglichst bald ihr Programm planen. Das Projekttheater arbeitet aber mit freien Schauspielern, die wiederum ihre eigenen Arbeitspläne haben. Umso mehr Personen an einer Produktion beteiligt sind, umso schwieriger wird es, gemeinsame mögliche Termine zu finden.
Zweitens die Tourneetauglichkeit, und damit ist vor allem gemeint die Finanzierbarkeit. Sowohl Veranstalter, als auch die Produzenten haben nur sehr beschränkte Mittel zur Verfügung. Es können schon aus diesem Grund eher nur technisch unaufwändige Produktionen mit kleinem Team auf Tournee gehen.
Drittens sind nicht alle Schauspieler bereit, die Strapazen einer Tournee auf sich zu nehmen.
kleines theater: Und wie schätzen Sie die Entwicklung vom Tourneetheater in den kommenden Jahren ein?
Maria Hofstätter Der Bund hat sich bereit erklärt Tourneen zu fördern, wenn gewisse Kriterien eingehalten werden, z.b. Auftritte in mindestens 3 Bundesländern usw.
Die Möglichkeit eine Tourneeförderung zu bekommen, finde ich ermutigend für unsere Arbeit. Gute Produktionen sollten von möglichst vielen Menschen gesehen werden. Und das erreicht man u.a. indem man die Produktionen zu den Menschen bringt. Es ist eine uralte Theaterform mit Stücken unterwegs zu sein. Ich hoffe also, dass sich auch in Zukunft „Fahrendes Volk“ findet