Vorwort Programm September – Dezember 2018
Stille Nacht!
Es war vor 17 Jahren an einem Vorweihnachtsabend, ich saß mit einheimischen Viehhirten und Abenteurern aus Argentinien, Japan und England im brasilianischen Urwald rund um ein Lagerfeuer und sang das Lied „Stille Nacht!“ zur Gitarre, in der Originalsprache, auf Deutsch. Die anderen sangen es in ihren Landessprachen, auf Brasilianisch, Spanisch, Japanisch und Englisch. Wir alle waren berührt vom Gefühl der Gemeinsamkeit, das in diesem Lied steckt, ich selbst war darüber hinaus ein wenig stolz, weil es aus meiner Salzburger Heimat stammt und auf der ganzen Welt bekannt ist.
Heuer feiern wir das zweihundertste Jubiläum dieses Liedes, das im Jahr 1818 erstmals in Oberndorf aufgeführt wurde. Zu diesem Anlass gibt es in Stadt und Land Salzburg eine Reihe von Veranstaltungen. Im November wird das Musical „Meine Stille Nacht“ in der Felsenreitschule der Stadt Salzburg seine Uraufführung haben. Das bietet sich an und ist eine gute Idee. Das Salzburger Landestheater hat den Auftrag zu diesem Musical vergeben, dafür steht viel Geld zur Verfügung. Doch wurde dieser Auftrag nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, an Künstler in Salzburg vergeben, sondern an ein Team aus Hollywood, USA. Warum überträgt man so eine einmalige Aufgabe nicht an die kreativen Menschen in diesem Land? Warum wird das Geld nicht in Künstler aus der ursprünglichen Region investiert, die aus diesem Stoff ein wunderbares Musical gemacht hätten? Dafür gibt es wohl nur eine Erklärung: Man bringt ihnen keine Wertschätzung entgegen, man vertraut ihnen nicht, erst recht nicht, wenn es um viel Geld geht. Ich bin wieder einmal enttäuscht, dass unseren Autoren und Komponisten nicht die Chance gegeben wird, ihre kreative Kraft zu beweisen und dem großen Anlass entsprechend ein großes Werk zu schaffen, sowohl künstlerisch als auch kommerziell. So erwartet uns, wie in der Ankündigung zum Musical vermerkt, „ein Bühnenstück mit Hollywood-Glanz“. Das ist schön, aber die Kulturschaffenden in diesem Land hätten mit ihrer stillen Nacht auch glänzen können, und wie!
„Wenn die stade Zeit vorüber ist, dann wird’s auch wieder ruhiger.“ Mit diesem Zitat Karl Valentins wünsche ich allen eine schöne stille Zeit und freue mich, wenn Sie ins kleine theater kommen, wo es in diesem Herbst auch nicht still wird.
Peter Blaikner