Vorwort Programm April – Juni 2020
Die Moustache Brothers
Während meiner Reise durch das südostasiatische Myanmar im Frühling 2015 kam ich auch nach Mandalay, wo ich an einem Abend die Show der „Moustache Brothers“ besuchte, die ihren Namen von ihren auffälligen Schnurrbärten, auf Englisch „moustache“, haben. Ihre Liveshow ist neben folkloristischen Einlagen vor allem bekannt für Kabarettnummern voll scharfer Kritik an dem in Myanmar regierenden Militärregime, wofür sie Gefängnisstrafen zu verbüßen hatten. Heute dürfen sie ihre Veranstaltungen nur mehr auf Englisch aufführen, für ausländische Touristen, denn Einheimischen ist es nicht erlaubt, die Vorstellungen zu besuchen. Der Veranstaltungsort befindet sich in einer Garage in der 39. Straße in Mandalay und hat fünfzehn Sitzplätze.
Ich fuhr mit einem gemieteten Fahrrad dorthin und zählte die einzelnen Straßen, bis ich in der 39. ankam. Lu Maw, der Chef der Gruppe, begrüßte mich sehr freundlich, erzählte mir abenteuerliche Geschichten aus seinem Leben als Kabarettist in einer Diktatur, verkaufte mir eine Eintrittskarte und wies mir einen Platz in der ersten Reihe zu. Er sagte noch, dass während der Vorstellung manchmal das Licht ausgehen könnte, denn die Gemeinde schaltet in diesem Stadtviertel immer wieder den Strom ab, um die Vorstellung und somit die Kritik an der Regierung zu stören. Dann muss man nur geduldig warten, bis der Strom wieder kommt und die Show fortgesetzt werden kann. Wir waren acht Zuschauer,
die Darbietungen lustig und folkloristisch. In einigen Nummern kam immer wieder massive Kritik an der Regierung und an den politischen Zuständen im Land durch. Ein Witz blieb mir besonders in Erinnerung: „Warum muss ein Bewohner von Myanmar in Thailand zum Zahnarzt gehen? Weil er in Myanmar den Mund nicht aufmachen darf.“ Plötzlich ging das Licht aus, der Strom war weg. Da ich mit dem Fahrrad gekommen war, hatte ich eine gut leuchtende Stirnlampe bei mir, die ich nun anlegte und einschaltete. Somit konnte ich von der ersten Reihe aus die Bühne als Scheinwerfer beleuchten. Die Darsteller waren erfreut, so schnell wieder Licht zu haben und spielten weiter, als wäre nichts geschehen. Das Licht kam zwar wieder, ging aber noch einmal während der Vorstellung aus. Dann kam ich mit meiner Stirnlampe neuerlich zum Einsatz.
Nach der Vorstellung wurde ich als Held gefeiert, der einen reibungslosen Ablauf der Vorstellung ermöglicht hatte. Lu Maw lächelte mir immer wieder dankbar zu. Ich fühlte mich sehr verbunden mit ihm und dachte daran, wie leicht es doch wir Kabarettisten in Österreich haben. Wir können jederzeit im Licht stehen, auch in finsteren Zeiten, obwohl dadurch die Zeiten nicht unbedingt heller werden. Ich habe Lu Maw meine Stirnlampe geschenkt und radelte ohne Licht nach Hause.
Peter Blaikner